Kohlenhydrate- Welche solltest du essen?

Zucker

Kohlenhydrate ist der Oberbegriff für alle Zucker- und Stärkearten, sowie für Ballaststoffe.

Sie setzen sich aus Kohlenstoff (C), Wasserstoff (H) und Sauerstoff (O) zu Zuckerbaustoffen (Monosacchariden) zusammen. Ihre Summenformel lautet Cn(H2O)n.

Einteilen kann man Zucker wie folgt:

Einfachzucker (Monosaccharide) bestehen aus einem Monosaccharid: C6H12O6.

Dazu zählen Glukose (Traubenzucker, Resultat der Fotosynthese), Fruktose (Fruchtzucker) und Galaktose (Schleimzucker). Sie bestehen aus einem fünf- oder sechseckigen Ring aus Kohlenstoffatomen mit einigen Sauerstoff- und Wasserstoffatomen. Unten abgebildet ist Glukose. Dies ist auch die Form, in der Zucker aufgelöst im Blut vorkommt.
Glukose
Einfachzucker sind wasserlöslich, leicht verdaulich und müssen nicht weiter vom Körper abgebaut werden, um von den Darmzellen aufgenommen zu werden. Sie kommen in Obst, Gemüse, Honig und Milch bzw. Milchprodukten vor und sind süß im Geschmack.

Zweifachzucker (Disaccharide) bestehen aus zwei Monosacchariden: C12H22O11 .

Zu den Disacchariden gehören Saccharose (Rohr- und Rübenzucker, sprich Haushaltszucker), Maltose (Malzzucker) und Laktose (Milchzucker). Der gute alte Haushaltszucker besteht beispielsweise aus je einem Glukose- und einem Fruktosemolekül. Sie sind wasserlöslich und müssen vom Körper in Einfachzucker abgebaut werden. Sie kommen in Obst, Gemüse, Haushaltszucker, Zuckerrüben, Bier, Malzprodukten, Milch und Milchprodukten vor und schmecken ebenfalls süß.

Vielfachzucker (Polysaccharide) bestehen aus einer langen Kette aus Monosacchariden: (C6 H10O5)n.

Nudeln

Man unterscheidet Stärke und Glykogen. Stärke ist das Speicherkohlenhydrat der Pflanze, Glykogen die Speicherform im menschlichen und tierischen Organismus. Sie kommen in Kartoffeln, Getreide, Hülsenfrüchten, Früchten und Samen vor. Damit der Körper diese nutzen kann, spaltet er sie in Einfachzucker auf. Polysaccharide haben verschiedene Lösungseigenschaften und es gibt sie in verdaulicher und nicht verdaulicher (Ballaststoffe) Form.

Der Körper kann nicht ohne Zucker leben.

Aus ihm beziehen wir unsere Energie. Für Gehirnzellen (sie brauchen mindestens 130 g Kohlenhydrate pro Tag), rote Blutkörperchen und Nierenmark stellt Glukose die einzige Energiequelle dar. Als Ausnahme hiervon gilt der Hungerstoffwechsel. In diesen gelangt der Körper wenn sehr wenig Kohlenhydrate aufgenommen werden (< 50 g / Tag). Dann stellt er sogenannte Ketonkörper aus Fett(säuren) her und bezieht hierüber seine Energie. Auch Körpereiweiß kann als Energiequelle genutzt werden.

Werden hingegen mehr Kohlenhydrate aufgenommen als direkt benötigt, wird die überschüssige Glukose in Glykogen umgewandelt und in der Leber (150 g) und in den Muskeln (200 g) gespeichert. Hieraus kann sie später zur Energiegewinnung wieder genutzt werden. Werden noch mehr Kohlenhydrate aufgenommen, wandelt die Leber sie in Fett um und dieses wird als Fettgewebe gespeichert.

Neben der Aufgabe als Energielieferant werden Kohlenhydrate zur Aufrechterhaltung der Körpertemperatur benötigt. Außerdem tragen sie zum Aufbau bestimmter Körpersubstanzen wie Knochen und Bindegewebe bei und werden dann als Glykoproteine bezeichnet.

Aber was passiert nun, wenn wir Kohlenhydrate zu uns nehmen?

Wie schon erwähnt, müssen lange Zuckerketten aufgespalten werden, damit die einzelnen Zuckerbausteine von den Darmzellen aufgenommen werden kann. Hierzu dienen Enzyme, die in Mund, Magen und Darm vorhanden sind. Man spricht in diesem Zusammenhang von langsamen Zuckern. Schnelle Zucker können hingegen direkt von den Darmzellen ins Blut aufgenommen werden, beziehungsweise benötigen hierfür nur wenig Verdauungsarbeit.

In diesem Zusammenhang habt ihr bestimmt schon von dem Glykämischen Index (GI) gehört. Dieser gibt an, wie sich die Kurve des Blutzuckeranstieges eines Lebensmittels im Vergleich zu einem Referenzlebensmittel verhält. Als Referenz gilt in der Regel 50 g Glukose. Möchte man also den GI eines Lebensmittels feststellen, lässt man eine Testgruppe die Menge von diesem Lebensmittel essen, in der 50 g Kohlenhydrate vorhanden sind. Der Mittelwert der Blutzuckeranstiege, im Vergleich zum Anstieg bei 50 g reiner Glukose, ergibt dann den GI.

Leider ist dieser Wert in der Praxis wenig aussagekräftig. So hat Haushaltszucker beispielsweise einen niedrigeren GI (68) als Weißbrot (73). Dies liegt daran, dass Zucker je zu 50 % aus Glukose und Fruktose besteht. Fruktose muss jedoch erst den Umweg über die Leber gehen um zu Glukose verstoffwechselt zu werden (dazu weiter unten mehr) und führt daher nicht zu einem so hohen Blutzuckeranstieg. Trotzdem handelt es sich bei Haushaltszucker natürlich um einen sehr schnellen Zucker. Ein anderes Problem des GI liegt darin, dass er nicht die Verzehrmenge eines Lebensmittels mit einbezieht. In der Praxis ist es aber natürlich schon wichtig, welche Menge man davon durchschnittlich isst.

Diesem Problem nimmt sich die Glykämische Last (GL) an. Sie ist das Produkt aus dem GI und der Menge an Kohlenhydraten pro üblicher Portion von dem Lebensmittel geteilt durch 100. So hat Wassermelone z.B. einen hohen GI, bei realistischen Verzehrmengen jedoch eine niedrige GL.

Das, worauf es am Ende ankommt, ist jedoch die Insulinantwort. Wenn sich die  Glukose im Blut befindet, wird von der Bauchspeicheldrüse Insulin ausgeschüttet. Dies ist notwendig, damit die Glukose von den Zellen aufgenommen werden kann. Diese Tatsache berücksichtigt der Insulin-Index. Er misst die Insulin-Reaktion auf Lebensmittel bzw. Kombinationen von Speisen und liefert sehr viel brauchbarere Erkenntnisse als der GI oder die GL. Sehr interessant in diesem Zusammenhang ist die Tatsache, dass tierisches Protein zu einem wesentlich höheren Anstieg von Insulin führt, als es Zucker vermag.

SanduhrDas Vorhandensein von Glukose und Insulin führt aber noch zum Anstieg eines weiteren Stoffs, dem Insulin-like growth Factor, kurz IGF. Dieser dient dazu, Gewebe wachsen zu lassen. Und hier wird es jetzt wirklich interessant. An für sich ist dies eine logische Reaktion. Es ist Energie vorhanden, also kann der Körper diese auch nutzen, um Gewebe aufzubauen. Ein guter Effekt, wenn es um eine schöne Haut und größere Muskeln geht. Aber ein schlechter Effekt, wenn es um vorzeitige Alterung geht. Es ist ein zweischneidiges Schwert. Einerseits wird dieser Stoff gepriesen als Mittel gegen das Altern und so auch in zahlreichen Shops angeboten [1]. In Wirklichkeit aber beschleunigt er das Altern. Kurzfristig fühlt man sich jünger wegen einer strafferen Haut und einer besseren Muskulatur, aber langfristig wird der Metabolismus angefeuert und der Körper verschleißt schneller. Dies zeigte sich auch bei Würmern (C. elegans), deren Insulin- und IGF-Schalter so manipuliert wurden, dass sie schlechter funktionierten: Sie lebten 3-6 mal länger als normale Würmer [2].

Und wenn wir schon bei erhöhtem  Wachstum von Gewebe sind, ist das Wort Krebs auch nicht mehr weit.

Und tatsächlich: Sowohl bei Frauen mit Brustkrebsrisiko, als auch bei Männern mit Prostatakrebsrisiko, kann ein Zusammenhang zwischen hohen IGF-Spiegeln und einem erhöhtem Krebsrisiko festgestellt werden [3][4].

An dieser Stelle dürfen sich kleine Menschen nun freuen. Sie haben dadurch, dass sie geringeren Mengen an IGF ausgesetzt waren, bessere Chancen, nicht an Krebs zu erkranken, als große Menschen [5].

Aber das sind nicht die einzigen Probleme mit dem Zucker. Glukose neigt nämlich auch dazu, Quervernetzungen zwischen Eiweißen zu bilden und dadurch das Gewebe steifer werden zu lassen. Dies kann fatale Folgen haben. Blutgefäße reißen so leichter und der Blutdruck steigt an. Aber auch für andere Organe kann dies gefährlich werden. Außerdem haben Autoimmunkrankheiten so ein leichteres Spiel, da das Immunsystem körpereigene Zellen – wegen den angehefteten Zuckermolekülen – schlechter erkennt.

Wie wir also sehen, altern wir schneller und erhöhen unser Risiko für Krebs und andere Zivilisationskrankheiten, wenn wir zu viel Glukose aufnehmen bzw. die falschen Zucker konsumieren.

An dieser Stelle ein kurzer Einschub zu Fruktose. Damit der Körper aus Fruktose Energie ziehen kann, muss sie den Umweg über die Leber gehen. Diese lagert bei diesem Prozess Fett in den Leberzellen ein. Isst man nun natürliche, unverarbeitete Lebensmittel wie Obst, stellt dies kein Problem dar, weil die Leber dafür ausgelegt ist und das Fett wieder abtransportiert wird. Isst man hingegen regelmäßig Fertiglebensmittel mit Fruktose, flutet zu viel Fruktose auf einmal an. Langfristig kann es so zu krankhaften Fetteinlagerung und somit zu einer (nichtalkoholischen) Fettleber kommen.

Was können wir also praktisch daraus ableiten?

  • Wir sollten echte vollwertige Lebensmittel essen, um Glukose-, Insulin- und IGF-Spitzen im Blut zu vermeiden.
  • In Lebensmittelgruppen gesprochen also primär Gemüse, Obst, Hülsenfrüchte und Vollkornprodukte. Diese sollten täglich mehrfach auf deinem Teller landen und den Großteil deiner Ernährung ausmachen.
  • Meiden sollten wir ein zu viel an Haushaltszucker, verarbeiteten Lebensmitteln (denen fast immer Zucker zugesetzt ist), fruktosehaltigen Fertiglebensmitteln und Milchprodukten bzw. Milchzucker.
  • Mein Tipp fürs Frühstück: Über Nacht eingeweichte Haferflocken mit Obst, Cassia-Zimt und Leinsamen. Haferflocken haben viele Ballaststoffe, die dafür sorgen, dass der Blutzuckerspiegel nicht so stark ansteigt und enthalten weitere Stoffe, die den Blutdruck senken können. Zimt hat ebenfalls einen positiven Einfluss auf den Blutzuckerspiegel. Dies gilt vor allem für handelsüblichen Cassia-Zimt. Jedoch nicht mehr als 2 g bzw. weniger als einen Teelöffel pro Tag essen, da die gesundheitsfördernde Wirkung des enthaltenen Curmarin sonst ins Gegenteil umschlägt [6][7]. 

Haferflocken mit Beeren

Ich gebe zu, dass ich selber nicht komplett auf Lebensmittel mit Industriezucker verzichte. Wie immer möchte ich mit dem Blog informieren, nicht dogmatisieren. Ich finde es wichtig, dass man informiert i(s)st und Verantwortung für seinen Körper übernimmt. Wenn man, auf Grundlage dieses Wissens, dann öfter mal zur gesunden Alternative greift, ist das großartig. Und wenn man stattdessen das große Stück zuckrige Sahnetorte bestellt, ist man hoffentlich klug genug es auch wirklich zu genießen 🙂

 

[1] Feelgoodtrading, LLC : Feelgoodnet (2017).http://www.feelgoodnet.com/igf1-p-229.html (Abfragedatum: 01.01.2017).
[2] Ayyadevara, S. et al. Caenorhabditis elegans P13K mutants reveal novel genes underlying exceptional stress resistnance and lifespan. Aging Cell, 2009, 8: 706-725.
[3] Hankinson, S. et al. Circulating concentrations of insulin-like growth factor-1 and risk of breast cancer. Lancet, 1998, 351: 1393-1396.
[4] Chan, J. et al. Insulin-like growth factor-1 (IGF-1) and IGF binding proteien-3 as predidtors of advanced-stage prostate cancer. J. Natl. Cancer Inst., 2001, 94: 1099-1106.
[5]  Green, J. et al. Heigth and cancer incidence in the Million Women Study. Prospective cohort, and metaanalysis of prospective studies of height and total cancer risk. Lancet Oncol, 2011, 12: 785-794.

[6] Fotland, TO et al. Risk assessment of coumarin using the bench mark dose (BMD) approach: children in Norway which regularly eat oatmel porridge with cinnamon may exceed the TDI for Coumarin with several folds. Food Chem Toxicol. 2012, 50(3-4):903-12.

[7] Wickenberg J. et al. Ceylon cinnamon does not affect postprandial plasma glucose or insulin in subjects with impaired glucose tolerance. Br J Nutr. 2012;14(9):884-9.

 

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