Bewegung ist förderlich für die Gesundheit. Das wissen wir alle. Wofür ich in diesem Artikel eine Lanze brechen möchte sind aber weder anspruchsvolle Cardiosessions noch intensive Kraftsporteinheiten. Kein Gewichtheben, kein Bodyweight Training, kein HIIT, kein Joggen, kein Nachbrenneffekt, keine Berge an Kalorien verbrennenden Muskeln. Es ist schlicht und ergreifend das Wandern und Spazieren gehen.
Es geht um moderate, aber dafür regelmäßige Bewegungsformen und deren positive Effekte auf die Gesundheit.
Sport zu machen hilft dem Körper auf vielfältige Weise. Ebenso wie gesunde Ernährung ist er geeignet, um Erkrankungen wie Bluthochdruck, Herzinfarkte, Schlaganfälle bzw. Minischlaganfälle [12] und Krebs [5] zu vermeiden. Auch das Risiko für Demenz [11] und kognitiven Verfall [3] kann signifikant gesenkt und der Prozess sogar umgekehrt werden.
Weiterhin kann Sport helfen, ein gesundes Körpergewicht zu halten und zur Verbesserung der Stimmung und Schlafqualität führen. Auch bei Depressionen ist er ein probates Mittel und eine gute Ergänzung, wenn nicht Alternative zu gängigen Medikamenten [1] [2].
Warum aber gehört gerade wandern bzw. spazieren gehen zu den gesündesten Bewegungsformen?
Dies kann man einmal evolutionär erklären. Der Mensch ist es aus früheren Zeiten gewöhnt, beim Jagen seine Beute über lange Zeiträume zu ermüden. Dabei hat er sich nicht durch kurzfristige Spitzengeschwindigkeiten hervorgehoben, sondern durch das Zurücklegen weiter Distanzen in einem gleichmäßigem, trägen Tempo. Hiervon zeugt auch der menschliche Körper, dessen Anatomie evolutionär an das Laufen angepasst worden ist.
Neben dieser Überlegung kann man die positiven Effekte von Bewegung aber auch durch die im Körper stattfindenden biologischen Vorgänge erklären. Ständig im Körper vorfallende Mikroentzündungen auf zellulärer Ebene führen dazu, dass Blutgefäße verstopfen und erhöhen so das Risiko für Diabetes, Alzheimer, Krebs und andere Zivilisationskrankheiten. Genau an dieser Stelle setzen Sport und Bewegung an. Sie helfen, diese Mikroentzündungen zu unterdrücken und die daraus resultierenden Krankheiten zu verhindern.
Aber auch bei der Vermeidung von akuten Infektionen ist Bewegung hilfreich.
Die allermeisten Infektionen nehmen ihren Anfang im Schleimhautgewebe, vor allem in Mund, Augen und Nasenlöchern [7]. Geschützt werden diese Schleimhautoberflächen von Antikörpern, hier im speziellen IgA, welche eine Schutzbarriere gegen die angreifenden Viren bilden. Moderate Bewegung bewirkt nun, dass die Anzahl dieser speziellen Antikörper erhöht wird [8], wodurch die Infektabwehr sich erhöht und man weniger oft krank wird. Was insbesondere mit steigender Anzahl von Lebensjahren eine gute Idee ist, um dem altersbedingten Abbau der Immunabwehr entgegenzuwirken. Dies deckt sich mit dem Ergebnis, dass durch moderate Bewegung Krankheitstage um 25 bis 50 % reduziert werden können [6].
Exzessiver Sport hat hingegen den gegenteiligen Effekt. Durch die für den Körper entstehende Stresssituation sinkt die IgA-Konzentration wieder und das Risiko sich anzustecken steigt. Hierfür reicht sogar schon ein einziges hartes Training [6]. Intensives Laufen und Sport treiben können also durchaus ungesund sein und sich sogar lebensverkürzend auswirken [4].
Diese Forschungsergebnisse sind für mich allerdings kein Grund für mich, nie wieder ans Eisen zu gehen oder aufzuhören eine HIIT Einheit einzulegen bei der ich denke, ich sterbe gleich. Ganz sicher auch kein Grund mein geliebtes und definitiv oft anstrengendes Yoga aufzugeben. Zumal es durchaus auch für intensive Sportarten gute Gründe gibt. Um nur einen zu nennen: Kraftsport stabilisiert den Blutzucker und sorgt dafür, dass das Gewebe insulinsensibler wird. Dadurch gelangt Zucker schneller wieder aus dem Blutkreislauf und kann dort keinen Schaden mehr anrichten.
Sehr wohl bringen mich diese Ergebnisse aber dazu, einfach mal eine Runde spazieren zu gehen.
Etwas das ich früher zugegebener Maßen belächelt habe. Öfter einen Weg zu Fuß zurückzulegen statt mit der Bahn. Mich nicht so schlecht zu fühlen, wenn mir mein Körper signalisiert, dass er heute eine Pause von intensiven Bewegungsarten braucht. Und sie sind ein ziemlich guter Grund auch nach Vatertag eine Wanderung mit Familie und Freunden zu organisieren.
Wobei ich zugeben muss, dass all diese Fakten sowieso nicht der primäre Grund sind, um am Herrentag auch als Frau mitzumischen. Dieser besteht vielmehr darin, einen erholsamen, lustigen und geselligen Tag mit Familie und Freunden zu verbringen. Zu den Highlights zählen hier einerseits gute Gespräche und leckeres Essen. Andererseits aber auch „Abkürzungen“ durch den Wald jenseits der ausgeschilderten Wege und das Nutzen von Baumstämmen um über morastige Tümpel zu balancieren. Wobei ersteres zu Fluchen führen kann – insbesondere wegen dem obligatorisch mitgeführten Bollerwagen – und zweiteres zu Hautausschlag, wenn man seine Balancierfähigkeiten überschätzt…
Wen der Hautausschlag jetzt nicht überzeugt, ist vielleicht mit folgender ergänzender Liste an Vorteilen der moderaten Bewegungsarten besser beraten: 🙂
Mit einer Wanderung oder einem Spaziergang…
- werden Neurotransmitter wie Serotonin und Dopamin ausgeschüttet, welche stimmungsfördernd sind und Depressionen entgegenwirken.
- wird die Organtätigkeit angeregt und die Verdauung verbessert.
- entstehen auf kognitiver Ebene zusätzliche Nervenverbindungen, die für ein besseres Funktionieren der Gehirnzellen sorgen.
- werden der Kreislauf und der Stoffwechsel angekurbelt.
- arbeitest du an einer aufrechten Körperhaltung und wirkst so Dysbalancen vor.
Zu guter Letzt: Ob die Vatertagswanderung wirklich ein gutes Beispiel für eine moderate Form der Bewegung ist sei vielleicht doch dahingestellt. Dies liegt dann aber definitiv am Inhalt des oben erwähnen Bollerwagens 😉
[1] Craft, L. L. and Perna, F. M. The Benefits of Exercise for the Clinically Depressed. Prim. Care Companion. J. Clin. Psychiatry, 2004, 6:104-111.
[2] Goodwin, R. D. Association between physical activity and mental disorders among adults in the United States. Prev Med. 2003, 36(6): 698-703.
[3] Baker, L. D. et al. Effects of aerobic exercise on mild cognitive impairment: a controlled trial. Arch Neurol. 2010, 67(1): 71-79.
[4] Walford, Roy. Beyond the 120 year diet. 2000, Thunder’s Mouth Press, New York.
[5] Adams, S. A. et al. Association of physical activity with hormone receptor status: the Shanghai Breast Cancer Study. Cancer Epidemiol. Biomarkers Prev., 2006, 15: 1170-1178.
[6] Nieman, D. C. Moderate exercise improves immunity and decreases illness rates. Am J Lifestyle Med. 2011, 5(4):338-346.
[7] Neville, V., Gleeson, M., Folland, J. P. Salivary IgA as a risk factor for upper respiratory infections in elite professional athletes. Med Sci Sports Exerc. 2008, 40(7): 1228-1236.
[8]Klentrou, P. et al. Effect of moderate exercise on salivary immunoglobulin A and infection risk in humans. Eur J Appl Physiol. 2002, 87(2): 153-158.
[9] Patel, A.V. et al. Leisure time spent sitting in relation to total mortality in a prospective cohort of US adults. Am J Epidemiol. 2010, 172(4): 419-429.
[10] Van Uffelen, J. G. et al. Occupational sitting and health risks: a systematic review. Am J Prev Med. 2010, 39(4): 379-388.
[11] Rovio, S. et al. Leisure-time physical activity at midlife and the rils of dementia and Alzheimers disease. Lancet Neuro., 2005, 4: 705-7011.
[12] Willey, J. Z. et al. Lower prevalence of silent brain infarcts in the physically active: the Norhern Manhattan Study. Neurology, 2011, 76: 2112-2118.
Nun weiß ich doch noch einmal mehr, warum ich so gerne mit euch Vatertag wandern gehe 🙂
Schön, dass du wieder dabei warst, Kerstin! 🙂